Herzlichen Glückwunsch an uns! Der Kreisseniorenrat Calw (KSR) wird 2024 bereits 40 Jahre alt. Das wurde Ende Oktober im Hirsauer Kursaal groß gefeiert, mit vielen Gästen, toller Musik, gutem Essen und natürlich ein paar Reden. „In unserem Alter muss man die Feste feiern, wie und wann sie fallen“, sagte der Vorsitzende Eberhard Fiedler bei der Begrüßung.
“Alle wollen alt werden, aber keiner will alt sein“, gab Fiedler zu Bedenken, dennoch seien ein Drittel der Einwohner im Landkreis Calw bereits über 65 Jahre alt. Das allein seien schon 45.000 Menschen. Der KSR vertrete kreisweit die Interessen dieser Menschen und deren Angehörigen auf vielfältige Weise. Seit 40 Jahren, so der Vorsitzende weiter, vernetze der Verein dafür die örtlichen Seniorenorganisationen, soziale und kirchliche Einrichtungen, soziale Funktionsträger und Projekte im Landratsamt, der Alzheimer Gesellschaft, dem VdK und dem Landesseniorenrat bezüglich der Belange und Bedürfnisse älterer Menschen. Weiter sagte Fiedler, die Palette reiche dabei von der Wohnberatung im Hinblick auf eine sinnvolle Anpassung der Wohnsituation, über die Entwicklung von Quartieren in Städten und Gemeinden, der Mitwirkung in der Gesundheits- und Pflegekonferenz des Landkreises, der Patientenbetreuung im Krankenhaus in enger Zusammenarbeit mit dem DRK Kreisverband Calw und dem Klinikverbund Südwest, der Förderung im Umgang mit Menschen, die an Demenz erkrankt sind bis zu einem Seniorenfreundlichen Service im Einzelhandel, bei Dienstleistern und in Handwerksbetrieben.
In beiden Grußworten von Florian Kling und Tobias Haussmann wurde dieses breite Angebot des KSR hoch geschätzt und als unverzichtbar bewertet. Eine besondere Ehre, welcher sich auch Eckart Hammer uneingeschränkt anschloss. “Ohne uns geht nichts“, proklamierte er und referierte anschließend in seinem Gastvortrag über die Bedeutung der Älteren im Wandel der Gesellschaft.
Der Sozialwissenschaftler und Fachautor zahlreicher Publikationen zieht dabei immer wieder Vergleiche zur guten alten Zeit, die seiner Meinung nach nicht immer nur gut gewesen ist. Er gibt in diesem Kontext zu Bedenken, dass es heute immer mehr Ältere gibt, die immer älter werden, immer früher alt gemacht werden und denen immer weniger Jüngere gegenüber stehen. “Wo bleiben die jungen Familien ohne die vielfältigen Standby-Bereitschaftsdienste der Großeltern und wo die Jungen ohne die vielfältigen Unterstützungsleistungen der Älteren, fragt der Professor anklagend die Runde.
Aber auch umgekehrt wird die bedeutungsvolle Abhängigkeit von Jung und Alt in seinen Darstellungen klar zum Ausdruck gebracht. Allein in Deutschland gibt es inzwischen mehr als 25.000 Menschen, die über 100 Jahre alt sind und bereits heute werden vier von fünf älteren Menschen zu Hause betreut, ohne deren private Hilfe der sichtbare Pflegenotstand signifikant größer wäre.
Interessant dabei die Feststellung Hammers, dass etwa 50 Prozent der über 60-Jährigen heute ihre Eltern lieber selbst pflegen und davon überraschend ein Drittel Männer sind. Damit räumt der Wissenschaftler ein Klischee bei Seite, überwiegend nur Frauen würden Eltern zu Hause pflegen, was bei den Zuhörern für Erstaunen sorgt.
Wer würde diese unzähligen Ehrenamtlichen ersetzen wollen, die sich um andere Menschen mit Hingabe kümmern und die der soziale Kit unserer Gesellschaft seien? “Engagementpolitik ist Demokratieförderung“ ermahnte Hammer und erntet dafür großen Beifall. „Wer würde für unsere Werte, Traditionen und unser kulturelles Erbe eintreten, die unsere gesellschaftliche Kontinuität bewahren, wenn nicht in starkem Maße auch die Älteren“, gab Eckart Hammer zu bedenken und subsummiert am Ende wenige aber wichtige Voraussetzungen für eine intakte “Sorgende Gesellschaft“. Sich gegenseitig wahrzunehmen und miteinander in Kontakt zu treten sei ebenso notwendig wie sich füreinander interessieren und Anteil zu nehmen sowie sich gelegentlich auch gegenseitig zu unterstützen. Sich gemeinschaftlich zu organisieren und die vielschichtigen “Care-Aufgaben“ gemeinsam zu gestalten und zu verantworten, nennt Hammer die Basis für intakte Gesellschaften in zukunftsweisenden Quartieren.
Das 1993 gegründete und inzwischen mit rund 40 Musikern spielende Kreisseniorenorchester sorgte mit seinen volkstümlichen Blasmusikweisen während der Veranstaltung für viel gute Laune und einen passenden feierlichen Rahmen.